2022,  Tschechien

Über den Medvědí Stezka (Bärensteig) – Parkplatz am Aussichtsturm Libín

Gefahrene Strecke: 30 km

Übernachtung: Parkplatz am Aussichtsturm Libín 

Heute haben wir uns aus dem Rother Wanderführer eine besondere Tour herausgesucht (Tour Nummer 34): Wir machen eine Wanderung über den Medvědí Stezka (Bärensteig), an den Ort, wo Mitte des 19. Jahrhunderts der letzte Bär im Böhmerwald geschossen wurde. Dabei kommen wir am Schwarzenbergschen Schwemmkanal, einem künstlichen See und einem Felsenlabyrinth vorbei. Es ist der krönende Abschluss unserer Woche im Böhmerwald! Aber der Reihe nach…

Um an den Beginn der Wanderung zu gelangen, fahren wir von Nová Pec mit dem Zug nach Černý Kříž. Der Zug geht alle zwei Stunden und die Buchung eines Tickets gelingt uns problemlos über die auf Englisch verfügbare Webseite der tschechischen Bahn. Zum ersten Mal in unserem Urlaub haben wir einen festen Termin: Unser Zug geht um 9:57 Uhr. Um dem Besitzer der Campingwiese nicht auf die Nerven zu gehen, parken wir um. Gut, dass wir rechtzeitig auf dem Parkplatz sind, denn innerhalb von Minuten füllt sich der Platz mit Autos, aus denen Wanderer in Richtung Bahnhof strömen. Es ist Samstag und anscheinend wollen heute alle in die Natur. 

Der Zug verfügt über extra Waggons für Fahrräder

Im Zug suchen wir uns einen Platz und legen Freaky einen Maulkorb an. Andere Hundebesitzer haben auch Maulkörbe dabei – ob das hier Pflicht ist, wissen wir leider nicht. Aber sicher ist sicher. Als die Schaffnerin vorbeikommt, zeigen wir den QR-Code des Online-Tickets auf dem Handy und den Ausweis. Sie fragt uns nach Freaky’s Ticket. Daran haben wir natürlich nicht gedacht. Aber kein Problem: Für 20 Kronen verkauft sie uns eins und die Reise beginnt. 

Freaky und der Maulkorb werden keine Freunde mehr
Bahnhof Černý Kříž

Nach 15 Minuten erreichen wir mitten im Wald den niedlichen Bahnhof Černý Kříž. Nach einem kurzen Wegstück auf der Straße biegen wir auf den Bärensteig ab. Zunächst führt er uns entlang eines Bachs, auf Forstwegen, recht eben in den Wald. Doch bald wird es steiler und der Steig macht seinem Namen alle Ehre. Wieder gibt es große Lichtungen mit toten Bäumen und zartem Grün, die den Blick auf die umliegenden Täler und Berge freigeben. An einem Wegweiser zweigt ein kleiner Pfad in den Wald ab. Am Ende des Pfades befindet sich der Bärenstein. Der Stein wurde zur Erinnerung an den letzten im Böhmerwald geschossenen Bären an genau der Stelle errichtet, an der er getötet wurde. Eine kleine Attraktion. Während wir verschnaufen, kommen Grüppchen von Wanderern vorbei und bewundern Stein und Informations-Tafeln. 

An dieser Stelle wurde der letzte Bär des Böhmerwalds geschossen

Langsam werden wir hungrig. An einer großen Kreuzung mitten im Wald machen wir halt und setzen uns auf Baumstämme. Wir knabbern unsere Käsesemmeln und ein paar Waffeln, bevor es ein Stück bergab in den kleinen Ort Jelení geht. Hier befindet sich ein wichtiges Bauwerk einer Meisterleistung des 19. Jahrhunderts: Der mehr als 50 km lange Schwarzenbergsche Schwemmkanal verläuft hier durch einen 1823 angelegten künstlichen Tunnel. Den Tunnel selbst können wir nicht besichtigen, wohl aber seine wunderschönen Portale. 

Das untere Portal des Tunnels
Leider kommen wir im Tunnel nur bis zu diesem Wappen

Von Jelení geht es wieder ein Stück bergauf, bis wir auf den Jelení See stoßen. Dieser wurde zur Hochzeit des Schwemmkanals künstlich angelegt, um den Wasserhaushalt für die Holzschwemme regulieren zu können. Der See liegt wunderschön und tiefblau mitten im Wald vor uns. Ein strahlend blauer Himmel und ein paar weiße Wolken, die sich im Wasser spiegeln, machen das Bild perfekt. 

Der Jelení See

Wir passieren den See und steigen über einen steilen Pfad zum Gipfel des Pernik hinauf. Früher hatte man von hier oben eine wunderbare Aussicht, heute ist selbst am Gipfel dichter Wald. Der Pernik ist aber nicht unser Ziel, sondern das Felsenlabyrinth, das hier beginnt. Der Pfad schlängelt sich vom Gipfel aus quer durch den Wald und wir kommen immer wieder an bizarren Felsformationen vorbei. Viele davon haben eigene Namen. Bei einigen halten wir länger inne, klettern hinauf, schießen Fotos und genießen Sonne und Einsamkeit. Spätestens seit dem Jelení See sind wir allein unterwegs und lassen die E-Biker- und Wandererscharen hinter uns. Das letzte Stück Richtung Nová Pec legen wir forschen Schrittes auf der Landstraße zurück.

Das Felsenlabyrinth lädt zum Klettern ein
Die Felsen stehen entlang des Pfades durch den Wald

Gleich neben der Campingwiese gibt es einen kleinen Strand an der Moldau. Da wir verschwitzt sind und die Temperatur zum Baden einlädt, versuchen wir unser Glück und springen kurzerhand in die Moldau. Das Wasser ist sehr flach und sehr sehr kalt. Lange bleiben wir nicht im Wasser. Mit nasser Unterwäsche und T-Shirts bekleidet, marschieren wir Richtung Wohnmobil. Erst einmal umziehen und aufwärmen. Eigentlich ist es Zeit für Kaffee und Kuchen. Aber eigentlich haben wir auch schon Hunger. Also was machen? Wir entscheiden uns für ein kleines Fischrestaurant Marlin gleich gegenüber dem Parkplatz. Mara nimmt die gegrillte Forelle und ich den Wildgulasch. Zum Nachtisch teilen wir uns kleine süße Knödel mit Heidelbeerfüllung.

Nach dem Essen machen wir uns auf dem Weg zu unserem Stellplatz für die Nacht. Dieser liegt heute mitten im Wald auf einem Parkplatz gleich unterhalb des Aussichtsturms auf dem Gipfel des Libín. Als wir ankommen, stehen noch einige Autos auf dem Platz. Da es noch recht früh ist, entscheiden wir uns für eine kleine Wanderung zum Aussichtsturm. Wir finden den herrlichen weißen Turm am Gipfel des Berges unverschlossen und erklimmen ihn. Oben angekommen bietet sich uns ein atemberaubendes Panorama: In Richtung Norden, liegt uns die Stadt Prachatice zu Füßen. Richtung Osten sehen wir in den letzten Sonnenstrahlen des Tages die Meiler des Atomkraftwerks Temelín glühen. Süden und Westen gehören den Höhenzügen des Böhmerwalds und des Šumava Natiolparks. Dunkle Wolken türmen sich über den Bergen auf, durch die immer wieder die untergehende Sonne blitzt. Wir sind ganz allein auf dem Aussichtsturm. Der Wind pfeift und die Bäume rauschen. Regen kündigt sich an. Was für ein Schauspiel!

Blick Richtung Süden vom Gipfel des Libín
Blick Richtung Westen vom Gipfel des Libín

Auf dem Rückweg nehmen wir uns vor, den Sonnenaufgang auch von der Turmspitze zu bewundern. Mal sehen, ob das klappt.

Stellplatz mitten im Wald

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